Seifenduft mit Zeitreise

Der Geruchssinn ist archaisch! Er führt ins Stammhirn oder die Hirnrinde oder so … Das habe ich wenigstens gehört. Und es scheint mir auch so zu sein. Aus dem Schrank hole ich eine dunkelbraune Seife aus einem Paket, was ich geschenkt bekommen habe: „Mandelöl, naja“, denke ich, „wird schon gehen.“ Seltsam ist die dunkle Farbe. Angenehm der Geruch, mild und nussig, aber auch herb und sauber….schwer zu beschreiben, ein eigenartiges Gefühl in der Mundhöhle, ein Duft zwischen Sauberkeit und Frische, fast eine Erinnerung. Und nicht nur das. Ich wasche mir die Hände und wundere mich darüber, dass dunkles Wasser in den Ausguss strömt, wie soll man da sehen, wann der Dreck weg ist? Ich gehe zum Tagesgeschäft über. Ein Gefühl beschleicht mich, eine Erinnerung, ein Hauch frühere Zeiten. Was ist das? Ich rieche, suche danach. Ein Duft weht mir in die Nase. Ich sauge ihn ein. Duft auf der Haut meiner Hände. Das erlebte Gefühl erinnert mich an meinen Großvater, an das dunkle Badezimmer mit Rasierseife und Haarpommade. Schon damals Überbleibsel aus früheren Leben, Zeitkapsel aus Nachkrieg, Aufschwung, Wirtschaftswunder. Immer mit dem Hauch einer dunklen Erinnerung an schlechtere Tage und fast misstrauischer Erleichterung, diesen entkommen zu sein. Bilder der Seife, mit eingelassenem Magnet, seltsam rund-eckig geformt, bewahrt, vorsorglich gesammelt für erneute Mangeljahre, fremdartig, schon damals ein Relikt. Alles schwebt mit dem Duft in mein Gedächtnis. Und schnuppernd gehe ich auf die Spurensuche: ist es die Seife? Ist es das Händewaschen? … die Erinnerung an eine umschließenden Geste großer Hände – Geborgenheit beim Waschen meiner kleinen Kinder-Hände? Mein Opa! Gute Seele, Baumstamm meiner Kindheit. Der Gedanke an diese Szene treibt mir die Tränen in die Augen und einen Kloß in den Hals. Erinnerung an sein Gehen. Lautlos, fern, friedlich, nicht unbemerkt aber unkommentiert. Eine Lücke lassend. 

Welch ein Schatz, diese Seife, eine Zeitmaschine mit archaischer Kraft.

Ein Kommentar bei „Seifenduft mit Zeitreise“

  1. Was für ein schönes Fitzken Dusel! Ich weiß beim Lesen genau, was Du meinst. Wenn man durch den Duft, quasi erst über das ausgelöste Gefühl zur Erinnerung kommt. Ich habe das letztens auch noch gehabt, durch den Geruch eines Reinigungsmittels in einer Grundschule, das mich einfach mal 24 Jahre zurück katapultiert hat – in ein Jugendzentrum in Brasilien, wo wir Freitagsmittags immer mit allen Kindern und Jugendlichen die Räume wieder fit für die nächste Woche gemacht haben. Richtig schön so tröpfchenweise der Erinnerung wieder näher zu kommen.

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