Ich hab da so ein Bild in meinem Kopf. Ich stehe lehnend an einer Mauer, irgendwo draußen. Neben mir die beiden kleinen Menschen mit total verschmierten Eisschnuten. Hinter der Kamera, ein stolz und verschmitzt lächelnder Mann, meiner. Unter jedem Kind steht „Ice“, unter mir „Baby“ und Pfeile deuten auf meinen Bauch. Ice Ice Baby. Ich sehe sehr glücklich aus. Als würde ich denken – passt zu uns.
Nochmal ein Schwangerschaftsbauch, will ich das?
Nochmal ein Baby? Der Gedanke dreht seit Monaten Schleifen. Müsste mal ausgedacht sein, will aber scheinbar bis zur Unendlichkeit abwiegen. Warum wird das Entscheiden immer schwerer? Beim ersten kleinen Menschen, war der Wunsch nach einem Baby so groß. Einfach nur ein Baby – ohne viel Zukunft drumherum gedacht. Beim zweiten kleinen Menschen, war noch ganz deutlich Platz in der Familie. Einen großen Bruder erleben und einen kleinen, die beiden zusammen aufwachsen sehen, das war eine schöne Vorstellung. Und jetzt? Ist ein Baby schon zu weit weg von uns? Oder sind wir zu erwachsen geworden, als dass sich das nochmal mit Leichtigkeit entscheiden ließe.
Ein gutes Bauchgefühl wär gut. Wenn jemand anderes schwanger ist, dann ziept es ein kleines bisschen. Ob es Sehnsucht ist oder die Nostalgie – der Abschied, der mir immer schwerfällt, hier dann von der Zeit mit kleinen Kindern?
„Guck mal, wie toll unsere kleinen Menschen sind.“ „Wir können nicht ewig so weitermachen“, sagt der Mann schlau und müde vom Tageschaos. Fühlt sich aber so an. Manchmal könnte ich ewig so weitermachen – jetzt gerade find ich’s richtig schön! Die Leichtigkeit war länger weg und kommt jetzt langsam zurück, mit jedem bisschen mehr eigenständig sein.
Eine Runde Abendessen mit drei Kindern jetzt oder einen Tag im Garten, wenn die erwachsen Kinder zu Besuch kommen, mit eigenen Kindern und Partner*innen, das kann ich mir richtig gut vorstellen. Aber schaffe ich drei Pi-mal-Daumen-Teenager mit ihren Freunden in meinem Zuhause? Unserem Zuhause, ist schon klar, aber habe ich dann noch Raum für mich – schnöde als Plätzchen im Haus oder weitergedacht als Entwicklung?
Es könnte noch jemand dazu kommen, Das ist so ein schöner Gedanke!
Dagegen stehen eine Menge Fragen, die sich als Vernunft tarnen:
- Schaffen wir es finanziell drei Kinder groß zu ziehen – müssen wir Einschränkungen machen?
- Was macht es mit uns als Paar, wenn wir automatisch wieder etwas weiter voneinander entfernt sind, weil da noch jemand ist, der uns viel braucht?
- Schaffe ich das? Man lächelt sich so durch die schlaflosen Babynächte, aber habe ich noch genug Nerven? Oder schreie ich den Rest nur noch an?
- Verliere ich den Kontakt zu mir?
- Hat jeder genug Platz für sich?
- Was ist, wenn etwas passiert? Reize ich das Glück aus, mit zwei gesunden Kindern?
- Sind wir zu alt für den Scheiß?
- Ach und Arbeit, Zwangspause, nochmal? Hm.
Und da sind die großen gruseligen Themen, wie Krieg, Pandemie und die Frage, ob die Welt gerade noch mehr Kinder braucht noch gar nicht aufgemacht, aber natürlich heimlich mitgedacht. Also irgendwie schon sehr egoistisch.
Der Mann sagt „wenn, dann jetzt, sonst bin ich zu alt.“
Die kleinen Menschen hör ich durch die Blume: „ein Baby wär gut und ein Hund und…“
Ich fürchte mich ein bisschen davor, mich dabei zu ertappen, mir damit eine neue Herausforderung zu suchen, weil nur das Jetzt genießen keine Leistung ist. Oder bin ich vielleicht auch ein klein bisschen süchtig, nach dieser bedingungslosen Kinderliebe.
Mein Kopf ist sehr gut im Katastrophisieren.
Die Erfahrung könnte mir auch sagen, es klappt doch ziemlich gut. Mit den kleinen Menschen ist mein Leben unordentlicher, lauter, entspannter und viel viel mehr im hier und jetzt. Mit ihnen schaffe ich es, nicht immer nur dem ganz Perfekten hinterher zu hecheln und Unplanbares zuzulassen. ich bin mutiger, weil ich möchte, dass sie sich nicht wegen irgendeinem Quatsch schämen, sondern sich ausprobieren. Auch ein Raum für mich.
Und dann ziepts zwischendrin wieder. Und ich denk an mein Bild. Und das steht da so, ganz entspannt. Ice ice Baby. Ich denke, mal sehen,