Wettrennen

Mein kleiner Mensch nimmt mich bei der Hand. Wir veranstalten mit seinen mechanischen Crittern ein Wettrennen: er lässt seine neue Heuschrecke starten. Ein mechanischer Käfer mit sechs rotierenden Beinen und zwei langen Antennen. Ich habe einen Roboter, der läuft wie eine Raupe. Wir ziehen beide auf. Los geht’s. Die Heuschrecke läuft geradeaus auf einer Linie, alle sechs Beinchen drehen sich, sie läuft schnell, sie läuft und läuft. Welch eine Leichtigkeit, welch Athletik. Die Raupe lasse ich gleichzeitig starten, sie hebt die Mitte ihres Körpers an….stämmt die Vorderfüße nach vorne, zieht die Hinterbeine nach, wiederholt den Bewegungsablauf, kriecht und stampft in dieser Bewegung mühsam voran. Die Heuschrecke hat sie längst überholt. Ich versuche, meinen Gefühlen dabei Ausdruck zu verleihen, da doch mein Gefährt offensichtlich unterlegen ist. Mein kleiner Mensch stellt freimütig, unschuldig, klar und weise fest: “Ja, die Heuschrecke ist schneller, aber kommt sie auch weiter?“ und siehe da, er hat recht. Die schnelle Heuschrecke bleibt nach Armeslänge stehen. Die Raupe pirscht sich langsam von hinten heran und überholt die stehende Schrecke um mindestens eine Elle.

Welch ein Finkendusel steckt in dem Herzen dieses kleinen Menschen, der sich zwar an der Schnelligkeit freut, aber dennoch schon im Blick hat und in Kauf nimmt, sich sogar auch daran noch freut, dass sein Fahrzeug überholt wird. Welche Größe…. Es hinterlässt mich beglückt und nachdenklich, in meiner Erwartung, dass nur der Erfolg zählt, beziehungsweise wo genau der Erfolg zu suchen ist. Und ich entdecke da auch noch einen Gedanken: Mit der Besinnung auf das Ich anstatt auf das Wir kommt man zwar schnell voran! Aber wie weit kommt man? 

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